Am gestrigen Freitagabend haben wir uns als die plattform Ruhr in Dortmund an einer Spontandemonstration durch die Innen- und Nordstadt gegen die neuen Ausgangssperren beteiligt, welche seit der Nacht zum Samstag von 22 Uhr bis 5 Uhr gelten.
Etwa 150 Menschen folgten einem Aufruf, der seit Freitagmittag über die sozialen Medien verbreitet worden war und kamen um 19 Uhr vor dem Dortmunder U zusammen. Recht schnell formierte sich hinter einem Banner mit der Aufschrift: „Nachts eingesperrt, aber tagsüber anstecken auf der Arbeit?! – Schluss damit!“ ein entschlossener Demonstrationszug, der sich zügig in Richtung der Innenstadt in Bewegung setzte. Die schwach aufgestellte Polizei konnte wenig ausrichten und beließ es dabei den Demonstrationszug für die längste Zeit nur seitlich mit einigen Beamt*innen zu begleiten.
Von der Innenstadt ging es dann über die Münsterstraße durch die Nordstadt, wobei die Demo mit lauten Parolen und kleineren Redebeiträgen über ein Megafon auf sich aufmerksam machte. Unter anderem schallten „Gegen alle Ausgangsverbote!“ und „Ausgangssperren blanker Hohn, Lockdown für die Produktion!“ durch die Straßen des Viertels. Nach einer halben Runde um den Nordmarkt löste sich die Demonstration in verschiedene Richtungen auf.
Ingesamt sind wir zufrieden mit dem Ablauf der Demonstration. Das Ziel, unangemeldet durch die Stadt zu ziehen und zu zeigen, dass die Ausgangssperren nicht einfach ohne Protest hingenommen werden, wurde eindeutig erreicht. Die Polizei war sichtlich überfordert mit der Situation und ihr gelang es zu keiner Zeit die Demonstration unter Kontrolle zu bringen. Gleichzeitig ist klar, dass diese Form des Protestes bisher noch ungeeignet sind, um Menschen zu mobilisieren, die sich außerhalb der linken Szene bewegen. Hier wird es in den nächsten Tagen darauf ankommen, Aktionsformen zu finden, an denen breitere Teile unserer Klasse teilnehmen können. Schließlich sind es gerade die Menschen in der migrantisch-geprägten Nordstadt, die unter der Polizei leiden werden, wenn diese zukünftig die Ausgangssperren durchsetzt.
Auf jeden Fall dürfen wir in unserem Protest gegen die Ausgangssperren jetzt nicht stehen bleiben, sondern schon bald wieder erneut auf der Straße gegen diesen Mist unterwegs sein!
Hintergrund: Warum Protest gegen Ausgangssperren?
Seit über einem Jahr schränkt der staatliche Umgang mit der Pandemie unser gewohntes Leben massiv ein. Wir dürfen uns nur noch in sehr kleinem Rahmen mit unseren Freund*innen treffen, viele Freizeitbeschäftigungen, die sonst Ausgleich von Stress in Schule, Ausbildung, Uni und Lohnarbeit bieten, fallen weg – z.B. Mannschaftssport. Klar, vieler dieser Maßnahmen sind absolut sinnvoll, denn Corona ist gefährlich, das wollen wir gar nicht bestreiten. Aber diese Maßnahmen gelten eben fast nur für unsere Freizeit, während es dort, wo wir für die Kapitalist*innen Profit erwirtschaften, größtenteils so weiter geht wie bevor. Der Staat erfüllt wieder einmal seinen Zweck, den Bossen ihr Geschäft möglichst einfach zu machen. Unsere Gesundheit, unsere Leben spielen da eine untergeordnete Rolle.
Ausgangssperren stellen jetzt die Spitze des Eisbergs dieser ganzen Freiheitsbeschränkungen dar und wieder gelten sie natürlich nachts, dann wenn die wenigsten arbeiten und wir uns normalerweise – gerade im Frühling und Sommer – vielleicht mal mit Freund*innen draußen zum schnacken treffen würden (ist ja eh infektionsbedingt sinnvoller als drinnen). Wer nachts arbeitet darf aber natürlich weiter raus und tagsüber, wenn wir Profite erwirtschaften sollen, ist das mit dem Infektionsschutz auf einmal wieder zweitrangig.
Wir haben keinen Bock mehr auf diese verdammte Doppelmoral! Für die Chef*innen sollen wir uns anstecken, aber abends nichtmal mehr rausgehen können mit Freund*innen?! Nein, wir finden, das können wir uns nicht bieten lassen und es muss dagegen protestiert werden!
Das Problem sind aber natürlich nicht einfach nur Ausgangssperren, sondern die falsche Logik des Kapitalismus, die hinter ihnen steht. Denn im Kapitalismus ergibt es total Sinn, uns Arbeiter*innen und einfache Menschen das Infektionsrisiko zuzuschieben, während die Bosse fett Profite einfahren. Der Kapitalismus dient nicht unserem Interesse, er muss abgeschafft werden.
Wenn ihr das genauso seht, dann kommt doch in einer Woche mit uns um 16 Uhr in den Westpark zur anarchistischen 1. Mai-Demonstration gegen Kapitalismus, Patriarchat und Egoismus!