Rückblick: Vier Jahre Fridays For Future

Vor vier Jahren, im Frühjahr 2019, fanden – inspiriert von der Initiative der schwedischen Schülerin Greta Thunberg – in verschiedenen deutschen Städten die ersten Freitag-Schulstreiks für mehr Klimagerechtigkeit unter dem Namen Fridays For Future statt. Zusammen mit ähnlichen Schüler:innen-Protesten in vielen anderen Ländern stellte dies den Auftakt einer neuen Welle der Klima- und Umweltbewegung in Deutschland und weltweit dar.

Die Anfänge

Auch in den Städten des Ruhrgebiets fingen die ersten Schüler:innen an, ihren Unterricht zu bestreiken und gingen Freitags nicht in die Schule, sondern gemeinsam auf die Straße, um zu demonstrieren. Anfänglich waren es nur wenige Schüler:innen, doch rasch folgten immer mehr junge Menschen aus immer mehr Schulen dem Aufruf. Zwei Videos (1, 2) aus dieser Zeit, die auf dem Youtube-Kanal der Anarchistischen Gruppe Dortmund veröffentlicht wurden, zeigen dass sich die Menge der demonstrierenden Jugendlichen in nur zwei Wochen nahezu verdoppelte. Die anarchistische Bewegung Dortmunds war von Anfang an Teil der Proteste.

Am 15. März 2019 fand der erste Globale Klimastreik von statt. An der Streikdemonstration in Dortmund an diesem Tag beteiligten sich beispielsweise bereits 3000 Menschen. In den Monaten danach fanden weiterhin jeden Freitag lokale Streiks statt. Am 20. September 2019 erreichte die Bewegung in Dortmund mit 12.000 Teilnehmer:innen auf der zentralen Streikdemo ihren Höhepunkt. Wir beteiligten uns hier mit einem Banner und verteilten unseren Aufruf für eine kämpferische Klimabewegung. In den nachfolgenden Monaten nahm die Zahl der Streikteilnehmer:innen wieder ab, außerdem wurde nicht in allen Städten so regelmäßig wie zuvor gestreikt. Dennoch konnte mit 6000 Demonstrant:innen in Dortmund und 3000 in Essen am 29. November 2019 nochmal ein Achtungserfolg erzielt werden.

Die Bewegung strukturiert sich – und wird schwächer

Im Verlauf des Jahres 2019 bildeten sich in den einzelnen Städten Kerngruppen von streikenden Schüler:innen heraus, die die Organisation der Demos, weitere Aktionen und die überregionale Vernetzung koordinierten. In Dortmund beteiligten wir uns in dieser Ortsgruppe von Fridays For Future. Zwar sorgte diese zunehmende Strukturierung dafür, dass Aktionen besser und langfristig geplant werden konnten und war zu diesem Zeitpunkt ein notwendiger Schritt, sie konnte jedoch auch nicht verhindern, dass viele Schüler:innen sich nicht mehr an den Streiks beteiligten. Welche Gründe diese Entwicklung hatte, muss an einer anderen Stelle geklärt werden.

Zur Jahreswende 2019/2020 stand die Klimabewegung in Deutschland an einem Scheidpunkt. Würden die Streikzahlen weiter abnehmen oder die Bewegung sich wieder erholen können? Die Corona-Pandemie, die dann ihren Anfang nahm, verhinderte einen echten Neustart. Aktionen beschränkten sich zunächst lange auf den digitalen Raum. Als es dann wieder auf die Straße ging, war vom ursprünglichen Mobilisierungspotenzial der Bewegung nur noch wenig übrig geblieben. Zuletzt beteiligten sich Ende September gut 1200 Menschen an der Demonstration, die schon längst nur noch formal „Streik“ heißt. Auch die Ortsgruppen der Bewegung sind teils stark geschwächt oder ganz aufgelöst.

Quo vadis Klimabewegung?

Die Schwäche von Fridays For Future als Zugpferd der Klimabewegung in Deutschland ist repräsentativ für die Schwäche der gesamten Bewegung. Wieder steht die Klimabewegung an einem Punkt, an dem sie eine Entscheidung treffen muss: Will sie weiter auf ihre mittlerweile etablierten Aktionsformen setzen und so weiter große Teile der lohnabhängigen Klasse nicht erreichen? Oder will sie einen neuen Kurs einschlagen, der sich an der Lebensrealität und den unmittelbaren Bedürfnissen der Lohnabhängigen orientiert? Nur mit einem neuen Kurs werden wir die Phase der Schwäche hinter uns lassen und eine neue Phase des Aufbruchs einläuten. Nur wenn wir den Kampf ums Klima mit den Kämpfen in Betrieben verbinden, ist das möglich.

Für uns als Plattform Ruhr war Fridays For Future 2019 die erste Bewegung, bei der wir uns koordiniert eingebracht haben. Wir wollten unseren Beitrag dazu leisten, dass die Bewegung stärker wird und sich Antikapitalismus, Basisdemokratie und Direkte Aktion in ihrer Mitte verankern. Doch das ist nicht passiert. Wir ziehen daraus für uns Lehren: Es kann nicht nur darum gehen, radikale Gedanken in einer Bewegung zu streuen. Es muss darum gehen, diese mit konkreten strategischen Vorschlägen zu verbinden. Langfristigkeit und Kontinuität der eigenen Beteiligung sind wichtig. Die Frage der sozialen Beziehungen darf nicht unterschätzt werden. All das nehmen wir mit in aktuelle und zukünftige Kämpfe, an denen wir uns beteiligen.

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