Rückblick: Proteste gegen Aufrüstung der Polizei

Vor zwei Jahren, im Frühjahr 2021, fand in der Dortmunder Nordstadt eine Kundgebung statt. Sie richtete sich gegen die Aufrüstung der Dortmunder Polizei. Konkret ging es um die probeweise Ausstattung der Polizist:innen der für Racial Profiling berüchtigten Wache Nord mit Elektroimpulswaffen – sogenannte Taser.

Wir beteiligten uns damals mit einem Banner an der Versammlung und hielten eine Rede, in der wir die rassistische Gewalt der Polizei im ärmsten Stadtteil Dortmunds anprangerten, erklärten, warum Kriminalität nicht vom Himmel fällt und aufzeigten, dass es statt militarisierten Vierteln Selbstorganisierung in der Nachbarschaft braucht, um Sicherheit zu schaffen. Unsere ganze Rede könnt ihr hier nachlesen. Unsere damalige Schlussfolgerung: „Die Aufrüstung der Polizei wird die Menschen am schärfsten treffen, die eh schon täglich von rassistischen Polizeikontrollen betroffen sind.“

Diese Worte hinterlassen heute einen mehr als nur bitteren Nachgeschmack. Denn wie zu erwarten war blieb es nicht bei der einjährigen Erprobung. Die Taser wurden schließlich in den regulären Gebrauch der Dortmunder Polizei überführt.

Tödliche Konsequenzen

Und diese nutzen das neue Gewaltpotential. Seit der Einführung der Taser wurden sie immer wieder eingesetzt – oft mit fatalen Folgen. Getroffen hat es zumeist Obdachlose, Drogenkonsument:innen, Menschen in psychischen Ausnahmesituationen sowie Schwarze Menschen und People of Colour. All diejenigen, die in dieser Gesellschaft sowieso an den Rand gedrängt werden.

Im Oktober 2022 starb ein obdachloser Mann in Dorstfeld nach einem Taser-Einsatz der Polizei. Auf unserer Website findet ihr unseren Bericht zu einer kleinen Aktion, die wir kurz danach am Tatort durchführten, um ein Zeichen gegen die Gewalt der Polizei zu setzen. Denn dieser Mord wird wie all die anderen davor gerade wieder klamm und heimlich vertuscht. Gerechtigkeit ist nicht zu erwarten.

Auch bei der Ermordung des 16-jährigen Geflüchteten Mouhamed durch die Polizei der Nordwache im Sommer letzten Jahres kam ein Taser zum Einsatz. Hier behauptete die Polizei er sei eingesetzt worden vor der Schusswaffe. Die Untersuchung enttarnte das als Lüge. Weniger als eine Sekunde lag zwischen dem Einsatz des Tasers und dem ersten Schuss auf einen wehrlosen Schwarzen Jugendlichen. Die Einführung der Taser hat unmittelbar Menschenleben gekostet.

Gestiegenes Bewusstsein für Polizeigewalt

Der Protest, um sie zu stoppen, beschränkte sich vor allem auf eine kleine Zahl linker Gruppen und war viel zu schwach. Dahingehend hat sich manches in den letzten zwei Jahren zum Positiven entwickelt. Besonders durch die Arbeit der Initiative Justice 4 Mouhamed konnte viel Aufmerksamkeit auf die Frage der Polizeigewalt gelenkt und den Betroffenen teilweise eine Stimme gegeben werden. Insgesamt existiert ein größeres kritischeres Bewusstsein für die alltägliche Gewalt der Polizei in Dortmund.

Konkret hat sich aber wenig geändert. Immer noch bleiben mordende Polizist:innen zumeist straffrei. Immer noch findet jeden Tag Racial Profiling statt. Und die Taserbewaffnung in NRW wird ausgeweitet.

Unsere Perspektive

In unsere Rede vor zwei Jahren stellten wir dar, dass nur die Selbstorganisierung von unten und der Zusammenschluss in Nachbar:inneninitiativen die Probleme eines Viertes lösen und es wirklich zu einem sicheren Ort machen können. Denn die Polizei als bewaffneter Arm des Staates hat keine Lösungen anzubieten außer mehr Gewalt. Und die staatlichen Projekte für das „Management“ des Stadtteils sind in erster Linie da, um das Image der Nordstadt etwas aufzupolieren und investorenfreundlicher zu machen: Gentrifizierung und Verdrängung der Ärmsten sind die Folgen.

Tatsächliche Sicherheit entsteht da, wo der Staat zurückgedrängt und durch neue, echte und solidarische Beziehungen zwischen den Menschen ersetzt wird. Die aufeinander Acht geben und sich bei Bedarf gegenseitig unterstützen. Eine solche Nachbarschaft aufzubauen, ist ein langer, steiniger Weg. Doch es führt kein Weg daran vorbei. Wenn wir wollen, dass sich eine befreite Gesellschaft von unten selbstverwalten kann, dann braucht es Keimformen von Organisierung in Betrieben und Stadtteilen, die schließlich die Geschicke der Gesellschaft übernehmen können. Wir sind froh, dass es mit Gemeinsam gegen Preiserhöhungen mittlerweile eine Initiative in Dortmund gibt, die tatsächlich versucht mit Nachbarschaftstreffen diese schwierige Aufgabe anzunehmen und umzusetzen. Zusammen mit einer unabhängigen Beobachtung der Polizei können solche Organisierungen auch Basis dafür sein, die Willkür und Gewalt der Polizei öffentlich zu machen und ihr Widerstand zu leisten.

Unterstützt also Initiativen wie Justice 4 Mouhamed und die Nachbarschaftsorganisierung von Gemeinsam gegen Preiserhöhungen.

Für solidarische Organisierung von unten gegen Armut, Vereinzelung und die Gewalt der Polizei. Für kämpfende Nachbarschaften!

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