Nachdem wir uns als Plattform Köln und Plattform Ruhr am Morgen des 1. Mai in unseren Städten mit antikapitalistischen Bereichen an den Gewerkschaftsdemos beteiligt haben, sind wir am Mittag nach Wuppertal aufgebrochen. Dort sollte dieses Jahr wieder der traditionelle autonome 1. Mai stattfinden.
Die Demo, die in den vergangenen Jahren bereits mehrfach durch massive Polizeipräsenz verhindert wurde, erhielt in diesem Jahr besondere Brisanz durch den geplanten Abriss des seit 50 Jahren bestehenden Autonomen Zentrums. Das AZ an der Gathe soll durch einen Moschee-Neubau des islamischen Religionsverbandes DITIB ersetzt werden. DITIB steht unmittelbar unter Kontrolle des türkischen Staates und seiner reaktionären Erdogan-Regierung. In der Vergangenheit wurde gemäß der türkischen Staatsräson in deutschen DITIB-Moscheen unter anderem der Genozid an den Armenier:innen geleugnet, gegen Kurd:innen und andere Minderheiten gehetzt und Kinder mit türkischer Militärpropaganda indoktriniert. Trotz alledem hat sich die Wuppertaler Kommunalpolitik in den letzten Monaten alle Mühe gegeben, der DITIB den roten Teppich auszurollen. Es ist offensichtlich, dass sie sich nur zu gerne dem Autonomen Zentrum als Ort für alternative Politik und Kultur entledigen wollen.
Schon kurz nach unserer Ankunft zeigte sich, dass Protest gegen dieses Vorgehen mit allen Mitteln verhindert werden sollte. Die Cops fuhren schon kleinsten, vermeintlich linken, Gruppen durch die engen Gassen der Stadt hinterher, wohl aus Angst vor Spontandemonstrationen. Fahnenstangen versuchten sie zu beschlagnahmen. Trotzdem erreichten wir schließlich das AZ, wo sich bereits einige hundert Menschen versammelt hatten. Hier zeigte sich jedoch schnell, dass es für die unangemeldete Demo dieses Jahr kein Durchkommen geben würde. Die Polizei kesselte die Teilnehmenden in der Straße vor dem AZ ein.
Weil es auch keine weiteren Versuche gab, sich die Straße zu nehmen, entschlossen wir uns, den Ort zu verlassen. Wir gingen dann zu einem gut besuchten Nachbarschaftsfest in der Wuppertaler Nordstadt, wo wir den 1. Mai gemeinsam ausklingen ließen.
Wir möchten allen Menschen danken, die durch ihren Einsatz den Protest am AZ und das Nachbarschaftsfest ermöglicht haben. Genauso möchten wir unsere Solidarität mit allen ausdrücken, die von den Cops festgenommen oder mit anderer Repression belegt wurden. Das alles kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die autonome Bewegung (nicht nur in Wuppertal) tief in der Krise steckt. Ihre althergebrachten Aktions- und Organisierungsformen haben ihre einstige Wirkmacht verloren. Es muss uns darum gehen, aus den Einschränkungen dieser Tradition auszubrechen und neue Wege zu finden die konsequent unsere Kämpfe auf die Strasse tragen.