Wir haben uns heute an der letzten Etappe des traditionellen Ostermarsch Rhein-Ruhr in Dortmund beteiligt. Die Friedensdemonstration startete in Dorstfeld und lief dann mit etwa 350 Menschen über die Rheinische Straße in Richtung Innenstadt. Wir beteiligten uns aktiv daran, rechte Kräfte zu konfrontieren und zu isolieren.
Friedensbewegung in der Krise
Die Ostermärsche sind seit zig Jahrzehnten die wichtigsten Demonstrationen gegen Krieg und für Frieden in der BRD und finden jedes Jahr bundesweit statt. Sie richten sich unter der Beteiligung einer großen und vielfältigen Bandbreite unterschiedlicher Akteur:innen gegen alle Kriege auf der Welt, gegen Waffenhandel und Aufrüstung. Das macht sie zu wichtigen Orten des antimilitaristischen Kampfs. Im Vorfeld der diesjährigen Ostermärsche fanden in der Friedensbewegung kontroverse Debatten statt. Der Krieg in der Ukraine hat vermeintliche Gewissheiten aufgerüttelt und unterschiedliche Einschätzungen des Krieges werden diskutiert. Während eine Minderheit einen Kurs fährt, der das Vorgehen des russischen Staates verteidigt, scheint mehrheitlich eher eine Orientierungslosigkeit vorzuherrschen, die sich im Wiederholen der gewohnten pazifistischen Parolen niederschlägt. Eine klar antiimperialistische, internationalistische und antimilitaristische Haltung, die in ihrer Konsequenz eine antikapitalistische und antistaatliche Position beinhaltet, spielt kaum eine Rolle. Mit der Orientierungslosigkeit breiter Teile der Bewegung geht offenbar vielerorts der Wunsch einher, sich nicht voneinander abzugrenzen. Immer wieder bedeutet das eine Duldung offensichtlich falscher Positionen oder sogar offen reaktionärer Kräfte – in erster Linie Überreste der Querdenker-Bewegung – durch Organisator:innen oder Teilnehmer:innen der Demonstrationen. Die bürgerliche Presse nutzt diese Akzeptanz rechter Kräfte, um in Einklang mit der Kriegsstimmung gegen die Friedensdemonstrationen anzuschreiben. Doch auch weite Teile der Linken bis radikalen Linken, wittern eine angebliche Querfront, kehren den Ostermärschen deshalb den Rücken zu, beschränken sich auf die Beobachtung der Veranstaltungen und die Suche nach rechten Kräften oder organisieren sogar Gegenproteste.
Sowohl die Duldung der Rechten durch Veranstalter:innen und Teilnehmer:innen als auch eine vorauseilende Ablehnung der Veranstaltung an sich halten wir für falsch. Stattdessen denken wir, dass es wichtig ist, in die Auseinandersetzung zu gehen mit offen reaktionären Kräften wie auch mit falschen Vorstellungen in der Friedensbewegung. Das kann nur funktionieren, wenn wir in die Bewegung hineingehen. Und auch nur dann sind wir in der Lage, unsere Standpunkte zu verbreiten. Deshalb haben wir uns heute am Ostermarsch in Dortmund beteiligt.
Bericht von der Demonstration
Um 13 Uhr sammelten sich die Teilnehmer:innen des Ostermarsches wie jedes Jahr zur Auftaktkundgebung auf dem Wilhelmplatz in Dortmund-Dorstfeld in unmittelbarer Nähe zu den Häusern der Dortmunder Naziszene. Einige Faschisten lungerten auf der anderen Straßenseite herum und machten Fotos von den Demonstrierenden. Die Menge auf der Kundgebung war bunt gemischt. Klassische Friedensgruppen, christliche Friedensgruppen, autoritärkommunistische Parteien wie DKP und MLPD. Am Rand sammelten sich zudem etwa zwei Dutzend Querdenker:innen des „Demokratischen Widerstands Dortmund“ und der Querdenker-Partei „Die Basis“, die zunächst größtenteils ignoriert wurden. Am Mikrofon gab es einige Reden. Darunter waren durchaus gute Beiträge, die zum Beispiel Krieg als Fluchtursache thematisierten, aber auch klar falsche Positionen, die beispielsweise auf eine Legitimität russischer Sicherheitsinteressen verwiesen, um zum Beispiel Forderungen nach ukrainischen Gebietsabtretungen zu rechtfertigen anstatt das herrschende System anzugreifen, das Krieg nun einmal in sich trägt, wie die Wolke den Regen. Wir positionierten uns mit einem Banner und schwarz-roten Fahnen am Rande der Versammlung.
Nach der letzten Rede und einigen Wortgefechten mit provozierenden Faschisten zog die Demo dann los in Richtung Innenstadt. Hier zeigte sich, dass es keinerlei Konzept oder Absicht seitens der Demoleitung gab, die rechten Kräfte auszuschließen. Diese liefen ungestört und sogar als Blöckchen im hinteren Teil der Demonstration. Das wollten wir nicht hinnehmen und sammelten so einige Genoss:innen und positionierten uns mit unserem Banner mit der Aufschrift „Frieden für die Ukraine – Kampf dem Imperialismus!“ direkt vor ihnen und skandierten internationalistische und antifaschistische Sprechchöre. Die Rechten waren davon sichtbar genervt und abgelenkt, sodass der Rest der Demo an ihnen vorbeizog und sie nach kurzer Zeit und für den Rest der Demonstration mit gehörigem Abstand ganz hinten laufen mussten. Mit einer Gruppe von etwa 20 Menschen riefen wir einen Großteil der Strecke bis zum Hansaplatz lautstark stabile Parolen gegen Krieg, Aufrüstung und Kapitalismus.
Insgesamt ziehen wir ein positives Fazit des Tages. Es ist uns gelungen, wenn auch spontan einen kollektiven antiimperialistischen Ausdruck auf die Beine zu stellen sowie die Rechten zu konfrontieren und zu isolieren – so wie es sich gehört. Das wäre nicht möglich gewesen, wenn wir dem Ostermarsch einfach den Rücken gekehrt hätten. Dass das aber überhaupt notwendig war, ist wirklich ein Armutszeugnis. Es wäre die Pflicht der sich als antifaschistisch präsentierenden Demoleitung gewesen, dafür zu sorgen, dass diese Kräfte von vorneherein überhaupt keinen Platz auf der Demonstration bekommen. Dass das nicht geschehen ist, kritisieren wir scharf. Wir werden auch weiter gegen rechte Kräfte auf Friedensdemonstrationen und für eine klare Position gegen Krieg, Militarismus und Aufrüstung intervenieren!
Nieder mit diesem System und den Kriegen der Herrschenden!